Forschungsansatz
Die Forschung am Institut verfolgt zwei miteinander verwobene Linien: Eine vertikale Linie widmet sich der Rekonstruktion des Modells documenta in der Metamorphose ihrer bisherigen Ausstellungen. Eine horizontale Linie erforscht das Modell des Ausstellens im globalen Feld der Kunst. Modell meint in beiden Fällen einen Komplex von Aussagen, Inszenierungen, Herrichtungen, Einbeziehungen und Ausschließungen, der sich von Ausstellung zu Ausstellung verändert, bereichert und reflektiert und als „travelling object“ im weltweiten Netzwerk von Großausstellungen unterwegs ist. Dazu ist allerdings auch die historische Tiefenerschließung der Kulturtechnik des „Ausstellens“ vor den modernen Ausstellungen von Gegenwartskunst nötig.
Das documenta Institut in seiner Forschungs- und Lehrgestalt ist damit ein Institut für globale Ausstellungsstudien, die im Ausgang von Praktiken und Medien des Ausstellens die Künste als gesellschaftliches Phänomen ins Auge fassen. Dass der Zugriff auf die Gegenwartskunst ausgehend von Ausstellungen erfolgt, hat ein doppeltes Ziel: Einerseits trägt dies der grundlegenden Tatsache Rechnung, dass Kunst erst dadurch existiert, dass sie ausgestellt wird. Andererseits können damit auch Phänomene und Akteur*innen in den Blick gerückt werden, die über Künstler*innen und Kunstwerke hinausweisen.
Das documenta Institut greift in seinen Forschungen auf die umfangreiche Sammlung des documenta archivs zurück, das die einzigartige Chance bietet, eine prominente Ausstellung von Gegenwartskunst in ihren Wandlungen und Wirkungen zu verfolgen. Dieses im Zeitstrahl aufbereitete Material bietet dem documenta Institut in doppelter Weise Stoff für die Forschung: Es kann gezielt befragt und genutzt werden, es kann aber auch als Inspirationsquelle für die Entwicklung von Fragestellungen dienen, die sich aus überraschenden Funden und plötzlichen Einsichten ergeben.
So betreibt das documenta Institut Grundlagenforschung über die performative Verfasstheit von Gegenwartsgesellschaften, es erprobt Hypothesen über Aktivierungsmodi und es führt Gegenwartsanalysen über Ausstellungen von Gegenwartskunst vor.
Forschende
Projekte und Kooperationen

Watch on a Promotory: Internal and External Artistic Exchanges in East, Southeast, and South Asia in the 1950s-1980s
Bei dem Forschungsprojekt „Watch on a Promontory: Internal and External Artistic Exchanges in East, Southeast, and South Asia in the 1950s-1980s“ arbeiten unter der Federführung des Goethe-Instituts China diverse Goethe-Institute (Kolkata, Hanoi, Jakarta/Bandung, Kyoto, Manila, Mumbai und Seoul) zusammen. Das documenta Institut wird 2025 zum Abschluss des Projekts eine Konferenz in Kassel veranstalten und eine Publikation erstellen.

Verbundprojekt: Kunst und Kulturpolitik nach dem Nationalsozialismus
Zahlreiche Kunstausstellungen in der Nachkriegszeit, zu denen prominent auch die documenta zählt, stehen mitnichten für eine „Stunde Null“, sondern verweisen neben vielfach erinnerten Brüchen auf quasi selbstverständliche und beschwiegene Kontinuitäten in Kunst und Kultur: Dabei waren Ausstellungen und Museen einerseits Räume von Aush

Kooperation mit CELA und CALAS
Das documenta Institut freut sich über eine Kooperation mit CELA und CALAS. Im Rahmen dieser Kooperation sollen Forschungen von Kunst und Ausstellungsstudien zu Lateinamerika vorangebracht werden.

Kooperation mit Afterall
Gemeinsam Forschungen im Feld der Ausstellungsstudien vorantreiben: dafür haben das documenta Institut und das Forschungszentrum Afterall einen Kooperationsvertrag geschlossen.

Ausstellungen als infrastrukturelle Praxis. Zu Arbeit, Struktur und Verantwortung im Ausstellungsbetrieb
Das Forschungsprojekt widmet sich den infrastrukturellen und arbeitsbezogenen Bedingungen großer internationaler Ausstellungsformate, exemplarisch untersucht am Beispiel der documenta. Im Zentrum steht dabei nicht die kuratorische Programmatik oder künstlerische Produktion, sondern jene oft unsichtbare Backstage-Ebene, auf der Prozesse, Netzwerke und Strukturen wirksam werden, die das Ausstellungsgeschehen überhaupt erst ermöglichen.

Interdisziplinäres Forschungsprojekt "Eco-Operations"
Die Krise des Klimawandels ist Teil sowohl ästhetischer Diskurse als auch kritischer Forschungsperspektiven in der Kultur und den Künsten. Bis vor kurzem lag der Schwerpunkt auf der Darstellung vorherrschender ökologischer Beziehungen und Kreisläufe oder aber auf den Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft. Zunehmend werden jedoch zukunftsorientierte, ökologisch konzipierte Handlungsmöglichkeiten von aufstrebenden Künstler*innen, Kurator*innen und kritischen Wissenschaftler*innen erkundet.

Internationale Sommerschule "Histories of Resistance" in Bogotá, Kolumbien
Die Internationale Sommerschule „Histories of Resistance” der Universität Kassel, organisiert in Zusammenarbeit mit der Universidad del Rosario, Escuela de Ciencias Humanas und dem documenta Institut, fand vom 4. bis zum 15. September 2023 in Bogotá als Workshop zu Verhandlungen des Erinnerns und Archivierens im Hinblick auf politische und ökologische Konflikte in Lateinamerika statt.

Internationale Sommerschule "Extractivism and its discontents: cultural and artistic counter-movements" in Kassel
Die Internationale Sommerschule “Extractivism and its discontents: cultural and artistic counter-movements” der Universität Kassel, organisiert in Zusammenarbeit mit Más Arte Más Acción (MAMA), dem documenta Institut und Centro de Estudios Latinoamericanos (CELA), fand vom 7. bis 18. September 2022 im Rahmen der documenta 15 in Kassel als Workshop zu ökologischen und politischen Konflikten hinsichtlich des Rohstoffhandels Lateinamerikas statt.

NS-Vergangenheiten der documenta-Akteur*innen
Zu den Gründungsfiguren der documenta zählt auch August-Martin Euler, ohne dass er auf der Vorderbühne der Ausstellung von 1955 präsent gewesen ist. Euler wurde 1908 in Kassel geboren. Seit Kriegsbeginn war er Jurist bei der IG Farben, wo er unter anderem in die Ausbeutung von Zwangsarbeiter*innen und KZ-Häftlingen involviert war. 1944 etwa trug er den Buna-Werken in

Rauminstallation "documenta Stadt Kassel"
Die Stadt Kassel und die documenta sind nicht voneinander zu trennen. Wie buchstäblich kein anderer Ort auf der Welt stellt sie ein vitales Experiment für die Wirkung von Kunst auf das Selbstverständnis einer Stadt und seiner Bürger:innen dar. Dies umfasst gleichermaßen das wiederkehrende Ereignis documenta und die

Antisemitismus und postkoloniale Debatten am Beispiel der documenta fifteen
Bei dem Forschungsprojekt „Antisemitismus und postkoloniale Debatten am Beispiel der documenta fifteen“ handelt es sich um eine Kooperation des documenta Instituts mit der Bildungsstätte Anne Frank und der Frankfurt University of Applied Science unter der Leitung von Prof. Dr. Meron Mendel und Prof. Dr. Heinz Bude.
Dissertationsvorhaben

Die Zeit der Zugehörigkeit. Sechs Portraits aus der documenta Stadt Kassel
Das Dissertationsvorhaben nimmt Kassels Verhältnis zur documenta in den Blick. Es setzt an Kassels Identitätsbehauptung als documenta Stadt an und geht der Frage nach, wie sich in Kassel über die documenta städtische Zugehörigkeiten vermitteln, verschieben und verschließen.

The Distinction of Art and Nature. Temporal Epistemologies of Art History in Exhibitions
Das ökologische Interesse der Kunstgeschichte hat in den letzten Jahrzehnten ein fundiertes Verständnis für die Darstellung von ökologischen und umweltbezogenen Themen in Kunstwerken entwickelt. Dennoch stellt sich die Frage, ob und wie der Kunstbegriff die Unterscheidung zwischen Kunst und Natur konstituiert: Ist Öko-Kunst Teil der Natur, von der sie spricht?

Dezentralisierung, Autonomie und sozial engagierte Kunst
Das Forschungsthema behandelt die Frage, ob das Spannungsverhältnis zwischen künstlerischer Autonomie und gesellschaftspolitischer Funktion der Kunst als zentrales Motiv im kunsttheoretischen und kulturpolitischen Diskurs des 20. und 21. Jahrhunderts beschrieben werden kann. Ziel ist es, eine Genealogie zu formulieren bezüglich jener Konzepte, B

Museum oder Kirche?
Das Promotionsprojekt setzt sich mit dem Kunstmuseum als „Neue Kathedrale“ auseinander, eine Zuschreibung, die seit den 1980er Jahren erfolgt. Analysiert wird dabei die Differenzierung in zwei Ausrichtungen: Zum einen in das Verständnis des Museums als „Neue Kultstätte“ im wörtlichen Sinne und zum anderen in die Funktion des Museums(baus) im p

Die Werkform als Wertform. Zur fluiden Form der Gegenwartskunst und ihrer digitalen Bedingung
Wir sehen, denken und handeln heute in einer Art und Weise, die selbst dann noch von Informationstechnologien stimuliert wird, wenn wir uns nicht explizit mit digitalen Belangen konfrontiert wissen. Noch weniger offensichtlich ist dabei die Tatsache, dass diese Mechanismen ihrerseits von Prinzipien dirigiert werden, die sich vermeintlich nur in der Sphäre der Ökonomie verorten lassen: die Prinzipien der Wertform.

Algorithmischer Realismus: Kommunale Produktion im Zeitalter allgegenwärtiger Datenverarbeitung
Auch nach zweihundert Jahren systemischer Spekulation hat sich keine überzeugende Alternative zur Marktordnung gezeigt. Das Dissertationsprojekt problematisiert die Idee einer bewussten Steuerung des Wirtschaftsgeschehens und befragt die Chiffre des Plans aus einer epistemischen und politischen Perspektive.

Die documenta als Partizipationsraum
Als eine singuläre Kontextuierungs- und Vermittlungsinstanz zeitgenössischer Kunst galt der Ausstellungsreihe documenta von Beginn an ein besonderes Interesse dem Verhältnis von Kunst und Raum. Dementsprechend muss es in das Zentrum einer praxeologischen Rezeptionsforschung rücken, die die konkreten Rezeptions- als Partizipationspraktiken

Ästhetiken des Erinnerns – Über die Un-/Sichtbarkeiten „kommunistischer“ Kunst in Deutschland und Peru ab 1968
Immer häufiger nehmen Museen, wie in Leipzig, Dresden und Berlin, die Beziehungsgeschichten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) mit Ländern des sogenannten Globalen Südens in den Fokus ihrer Ausstellungen. Referenzländer bilden dabei häufig Chile, Kuba, Mosambik und Vietnam, Staaten der sogenannten