Die Werkform als Wertform. Zur fluiden Form der Gegenwartskunst und ihrer digitalen Bedingung (Arbeitstitel)

Wir sehen, denken und handeln heute in einer Art und Weise, die selbst dann noch von Informationstechnologien stimuliert wird, wenn wir uns nicht explizit mit digitalen Belangen konfrontiert wissen. Noch weniger offensichtlich ist dabei die Tatsache, dass diese Mechanismen ihrerseits von Prinzipien dirigiert werden, die sich vermeintlich nur in der Sphäre der Ökonomie verorten lassen: die Prinzipien der Wertform. In der Kunst findet die Betrachtung der sich mit dem Neoliberalismus einrichtenden Informationstechnologien bereits mit der Conceptual Art große Aufmerksamkeit und wirft noch heute die Frage nach der (im-)materiellen Beschaffenheit ihrer Mechanismen auf, die unweigerlich mit der Frage nach ihrer Repräsentierbarkeit verbunden ist. Das Promotionsvorhaben erkennt vor diesem Hintergrund das Desiderat eines künstlerischen Formverständnisses, das sich nicht ohne, sondern durch die ihm immanenten Wechselbeziehungen von algorithmisierenden und kommodifizierenden Modellierungen zu vermitteln vermag. Denn obwohl darüber diskutiert wird, in welcher Weise die künstlerische Form mit den Erscheinungsformen des Kapitals einerseits und des Digitalen andererseits korreliert, neigen die Debatten häufig dazu, dieses Beziehungsgeflecht zu verkürzen (man denke hier nur an die Formel, die die kontinuierliche Abstraktion in den Künsten aus den nunmehr zunehmenden Abstraktionsmodi des sich ins Digitale verlagernden Kapitalismus abzuleiten sucht). Ziel des Projekts ist daher unter Rekurs auf eine von Marx lediglich in einer Fußnote angedeuteten »kritischen Geschichte der Technologie«, diejenigen ästhetischen Kategorien zusammenzuführen, die es im Spiegel digitaler Mechanismen erlauben, die künstlerische Werkform als Wertform zu denken. Der Analyse der künstlerischen Arbeiten, etwa von Melanie Gilligan, Sung Tieu, Sam Lewitt und anderen, liegt mithin Marx’ Verständnis zugrunde, die Wertform als soziale Form zu begreifen. Wie für ihn ist Form auch für die Künstler*innen nicht nur eine ästhetische Erscheinung. Vielmehr verstehen sie Form als Ausdruck zusammengesetzter Beziehungen, die sich also nicht in bewusster Isolierung, sondern allein in ihrer Komposition, ihrer Gemachtheit, ihrem Gewordensein, in ihrem breiteren sozialen Kontext zeigt.

Verfasserin

Claire Valérie Zimmermann
Wissenschaftliche Mitarbeit