Verbundprojekt: Kunst und Kulturpolitik nach dem Nationalsozialismus

Zahlreiche Kunstausstellungen in der Nachkriegszeit, zu denen prominent auch die documenta zählt, stehen mitnichten für eine „Stunde Null“, sondern verweisen neben vielfach erinnerten Brüchen auf quasi selbstverständliche und beschwiegene Kontinuitäten in Kunst und Kultur: Dabei waren Ausstellungen und Museen einerseits Räume von Aushandlungsprozessen über das Verhältnis von Kunst und Politik im postfaschistischen Deutschland. Andererseits waren sie Ausdruck einer neuen Kulturpolitik. Sie sind damit gleichermaßen Erinnerungs- und Repräsentationsorte. Sie sind Reaktion auf ein Gedächtnisproblem und formulieren neue Gedächtnisbedarfe. 
Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, kunsthistorische und zeithistorische Fragen im Rahmen eines interdisziplinären wie institutionenübergreifenden Projektes miteinander zu verflechten. Das heißt politische wie soziokulturelle Kontexte sowie Fragen nach Erinnerung und Aufarbeitung in Ausstellungsstudien zu inkludieren und die Geschichte einer Kultur- und Kunstinstitution wie der documenta in übergeordnete Zusammenhänge einzubinden.
Ausgehend von einer grundlegenden Auseinandersetzung mit den Anfängen des Ausstellungsgeschehens in den Jahren nach 1945 und den diversen Biografien der damit verbundenen Akteur*innen, zu denen Täter*innen, wie Mitläufer*innen und Opfer gehörten, möchte das Projekt den Spuren von Belastung und Entlastung im Kunstfeld folgen. Die typischen Lücken in den Lebensläufen, ihre jahrzehntelange Tolerierung und Nichtsichtbarmachung werfen zum Beispiel Fragen an die Akteur*innen selbst, ihre  Zeitgenoss*innen wie auch Nachfahren und nicht zuletzt das Verhältnis von Autor*in und Werk auf.
Seit 2022 haben wir uns den damit verbundenen Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven und im Austausch mit zahlreichen Akteur*innen angenähert. Aktuell befindet sich ein Verbundprojekt in der Konsolidierungsphase, um gemeinsam mit unterschiedlichen Kulturinstitutionen die bislang noch immer sehr lückenhafte Aufarbeitung der NS-Kontinuitäten im Kunstfeld aufzuarbeiten. Geplant ist außerdem die Gründung eines Arbeitskreises, der den interdisziplinären Anspruch des Projektes unterstreichen und fördern soll.

Veranstaltungen

März 2025
Das traktierte Gedächtnis. Welche Strategien, vor welchem Hintergrund und mit welchen Akteuren?

April 2024
Podiumsdiskussion zur Präsentation des Buches „Bruch und Kontinuität. Kunst und Kulturpolitik nach 1945“ mit Jutta Braun, Fabian Bechtle und Leon Kahane

Juni 2023
Kunst und Kultur zwischen 1945 und 1955. Interdisziplinarität in der Praxis. Ein experimenteller Workshop

Mai 2022
NS-Vergangenheiten und Kontinuitäten von Kunstinstitutionen. Workshop.

Veröffentlichungen 

Neumann, Maria/Vogel, Felix (Hg.): Bruch und Kontinuität. Kunst und Kulturpolitik nach dem Nationalsozialismus, Berlin 2024.

Neumann, Maria: In zweifelhafter Gesellschaft? Adolf Arndt und August-Martin Euler – Zwei vergangenheitspolitische Akteure der ersten documenta 1955, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 72 (2024), S. 139-160.

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Copyright Notice:
© documenta archiv / Foto: Erich Müller
Credit:
documenta archiv / Foto: Erich Müller
Fotograf: Erich Müller

Personen

Prof. Dr. Felix Vogel
Professur „Kunst und Wissen“
Prof. (i.R.) Dr. Heinz Bude
Gründungsdirektor
Dr. Maria Neumann
Wissenschaftliche Mitarbeit